Varroa destructor
Die Varroamilbe lebt als Parasit an Honigbienen. Sie entwickelt und vermehrt sich in der verdeckelten Brut im Bienenstock. In einem Entwicklungszyklus lebt eine weibliche Varroamilbe etwa eine von drei Wochen phoretisch auf der Biene. Die Schädigung der Honigbienen durch die Varroa Milben geschieht auf mehreren Wegen. Larven und Bienen werden durch das Aussaugen von Blut und Fett geschwächt und anfällig für Krankheiten und weniger widerstandfähig gegen Umweltbelastungen. Zudem werden Bakterien und Viren durch die Milben übertragen und können ein Volk erheblich schädigen.
Natürliche Abwehrverhalten der Honigbienen
Manche Bienenvölker zeigen natürliche Abwehrverhalten gegen Varroamilben. So werden manchmal Brutzellen von den Bienen geöffnet und teilweise oder vollständig geräumt. Dieses Verhalten (VSH – Varroa sensitive hygiene) hemmt bzw. hindert die Fortpflanzung der Varroa. Es gibt viele Bemühungen dieses Verhalten durch Zucht zu fördern, zB. durch die Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht.
Desweiteren werden in manchen Völkern Varroen von Bienen gebissen und tödlich verletzt. Wo ihnen diese Verletzungen zugefügt werden ist nicht geklärt, vielleicht während des Social Groomings.
Gotland, Avignon, Arnot Forest: Varroa und Biene im Gleichgewicht
Ohne die Mechanismen vollständig verstanden zu haben, können wir feststellen, dass das Zulassen der natürlichen Selektion zu einem Gleichgewicht zwischen Varroa und Biene führt. Überlässt man die Völker über lange Zeit sich selbst, so stellt sich eine Anpassung zwischen Wirt und Parasit ein. Ob die Bienen Abwehrmechanismen entwickeln, die Varroen weniger aggressiv werden oder vielleicht auch beides ist nicht geklärt. Das sich einstellende Gleichgewicht belegen drei verschiedene Studien unterschiedlicher namhafter Wissenschaftler und Institute aus verschiedenen Ländern.
Über die folgend aufgeführten Studien hinaus bestätigt die regionale behandlungsfreie Imkerei in der Region Gwynedd in Wales eine Anpassung zwischen Wirt und Parasit in der Praxis.
Varroaresitente Bienen auf Gotland, das Bond Projekt
Ein Gemeinschaftsprojekt der Universität für landwirtschaftliche Wissenschaften (Uppsala, Schweden), dem Zentrum für Bienenforschung (Bern, Schweiz) und der Landesanstalt für Bienenkunde (Stuttgart, Deutschland) startete 1999 einen Versuch auf der Insel Gotland. 150 mit Varroa infizierte Bienenvölker wurden sich selbst überlassen, ohne jegliche Eingriffe des Imkers (hier die originale Studie).
Die Gesamtpopulation ist im Laufe von 4,5 Jahren auf lediglich 7 Völker geschrumpft, darunter 6 ursprüngliche Völker. Insgesamt ist der Bestand also auf 4,7% des Ursprungsbestandes geschrumpft. In den folgenden 2 Jahren stellt sich offensichtlich ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Parasit ein. Die Sterblichkeit geht deutlich zurück, es überwiegen die Schwärme. Ende 2005 sind es immerhin wieder 13 Völker (8,7%).
Die Autoren selber sehen in den Daten, dass in dem System eine Art Anpassung stattgefunden haben muss, die das Überleben von Wirt und Parasit ermöglichte. Sie sehen weitere Versuche als notwendig an.
Einzige Quelle über den Fortgang des Projektes ist die Doktorarbeit von Barbara Locke aus Schweden: Im Jahr 2010 hatte sich der Bestand bereits wieder auf 23 Völker erholt! D.h. trotz Varroa hat sich die Zahl der unbehandelten Völker innerhalb von 6 Jahren verdreifacht.
Die parallel konventionell gehaltenen Vergleichsvölker werden 2010 ebenfalls nicht behandelt. Die Reproduktionsrate der weiblichen Milben ist bei diesen Völkern deutlich höher. Auch diese Autorin kommt zu dem Schluss, dass eine Anpassung stattgefunden haben muss.
Varroatoleranz in Avignon, Le Mans
In einer Studie aus Frankreich („Honey bee colonies that have survived Varroa destructor„) werden Varroabefall, Sterblichkeitsrate, Volksstärke, Honigertrag, Abgang von Schwärmen etc. von Völkern erfasst, die bereits seit mindestens 2 Jahren ohne imkerliche Eingriffe überlebten. Die gleichen Messungen wurden an konventionell gehaltenen Bienenvölkern vollzogen. 1994 wurde die Beobachtung von 12 unbehandelten Völkern gestartet, 1998 kamen weitere 42 unbehandelte Völker und 1999 weitere 28 unbehandelte Völker hinzu.
Die Autoren stellen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sterblichkeitsraten der beiden Versuchsgruppen fest. Auch hier schlussfolgert man eine Anpassung zwischen Wirt und Parasit.
Es wird eine im Schnitt 1,7fach geringere Honigproduktion als bei den konventionell gehaltenen Völkern festgestellt. Dies löst verständlicherweise bei uns Imkern Unbehagen aus. Wir sollten uns aber vor Augen führen, dass die Bienenvölker mit denen wir arbeiten, seit Jahrzehnten auf maximalen Honigertrag gezüchtet werden. Eine natürliche Selektion und Fortpflanzung der westlichen Honigbiene ist nahezu ausgeschaltet. Es ist also keine ungewöhnlich niedrige Honigproduktion der unbehandelten Völker, sondern eine unnatürlich hohe Produktion der behandelten Völker!
Die Autoren der Studie sehen in den Ergebnissen eine Toleranz der Bienen gegenüber der Varroa Milben. Sie halten eine Imkerei in Frankreich mit einem integrierten Varroa Management für möglich. Eine Imkerei, die nur unter Zuhilfenahme von weichen biologischen oder biotechnischen Mitteln in das Verhältnis zwischen Wirt und Parasit eingreift.
Varroaresistenz im Arnot Forest (New York State)
Thomas D. Seeley, einer der beiden Autoren der Studie „The nest of the honey bee“ von 1976, führte zwischen 2002 und 2005 eine Studie im Arnot Forest über acht dort wildlebende Bienenvölker in Baumhöhlen. Die Menge der dort vorgefundenen wildlebenden Völker entsprach der Menge, die der Autor dort bereits ein Viertel Jahrhundert zuvor mit den gleichen Methoden aufgefunden hatte (bevor die Varroa nach Nordamerika eingeschleppt wurde). Auch in dieser Studie wird die Überlebensfähigkeit der Bienenvölker mit Varroa festgestellt. Der Autor vermutet aufgrund der durchgeführten Versuche eine Anpassung der Milbe an ihren Wirt.